Wasserflecken (-liebe?)
Aktualisiert: 8. Juni 2022
Von Zufall zu Verstehen: Wie du Wasserflecken in deinen Aquarellbildern bewusst einsetzen oder vermeiden kannst.
Also ich weià nicht wie es bei dir ist, aber mich haben Wasserflecken total fasziniert, als ich mit Aquarell anfing. KristallÀhnliche, undefinierbare Schönheiten. Je mehr ich mich damit beschÀftigte, desto weniger verstand ich, warum teilweise darauf hingewiesen wurde, dass Wasserflecken zu vermeiden und Ausdruck einer falschen Technik seien.
Eins vorab:
Wasserflecken sind nicht falsch!

(Bei diesem Bild habe ich Wasserflecken ganz bewusst eingesetzt und das Motiv auf vier verschiedenen Papieren und mit verschiedene Techniken getestet, bis mir die Wasserfelcken gefielen :))
FĂŒr mich gibt es im kreativen Ausdruck nahezu kein falsch. Es kommt darauf an, ob du Wasserflecken in deinem Bild haben möchtest. Und das darfst du meiner Meinung nach đ Ich gehe sogar soweit, dass Wasserflecken fĂŒr mich eine Technik der Aquarellmalerei sind, die eingesetzt werden kann oder eben nicht. Wenn du Wasserflecken nicht dem Zufall ĂŒberlassen und sie gezielt einsetzen können möchtest, solltest du verstehen,
wie Wasserflecken entstehen.
Wasserflecken oder BlumenkohlrĂ€nder bilden sich immer dann, wenn viel Wasser im Spiel ist und das Farb-Wasser-Gemisch sich nicht gleichmĂ€Ăig auf dem Papier verteilt, zum Beispiel wenn auf einer FlĂ€che mit Farb-Wasser-Gemisch an einer Stelle mehr Wasser ist als an einer anderen und diese FlĂ€chen sich berĂŒhren. Dort wo mehr Wasser ist, werden die Pigmente wieder vom Papier gelöst und an den Rand der PfĂŒtze geschoben.
Diese PfĂŒtzen können dadurch entstehen, dass das Papier sich wellt. Dann sammelt sich in den Vertiefungen das Wasser. AuĂerdem bringen wir oft mit dem Pinsel zu viel Wasser auf das Papier, weil wir ihn zum Beispiel vor neuem Farbauftrag immer wieder ins Wasser tauchen, wĂ€hrend die Farbe auf dem Papier schon antrocknet. Dort wo der Pinsel sich dann "entlĂ€dt" sammelt sich viel Wasser, mehr als an anderen Stellen und somit entsteht eine ungleichmĂ€Ăgige Wasser-Farb-Schicht.
Wasserflecken? Nein, danke!
Um Wasserflecken zu vermeiden solltest du also auf einen gleichmĂ€Ăigen Farbauftrag achten. Ich arbeite immer mit den Hinweisen, dass nur so viel Feuchtigkeit auf deinem Papier sein sollte, dass, wenn du es anhebst, nichts verlĂ€uft (keine Tropfenspuren runter laufen) und keine Wassermenge mit OberflĂ€chenspannung entsteht đ Dann bildet sich eine gleichmĂ€Ăige Farblasur ohne RĂ€nder. AuĂerdem verlaufen dann Farben, die du nass-in-nass in diese Lasur gibst, gleichmĂ€Ăig in alle Richtungen und âexplodierenâ nicht unkontrolliert. Das bedarf ein Wenig Ăbung. Wie gesagt kommt das viele Wasser oft durch den Pinsel auf das Papier. Achte also ganz bewusst darauf. Du musst nicht immer neues Wasser aufnehmen. Dein Farb-Wasser-Gemsich auf der Palette kann zum Beispiel schon flĂŒssig genug sein. Oder trockne deinen Pinsel öfter auf dem Papier (nicht dem Aquarellpapier :)) ab, wenn du zu PfĂŒtzenbildung neigst.
(Hier siehst du links eine gleichmĂ€Ăige Lasur, bei der sich nichts mehr bewegt, wenn man das Papier anhebt. Rechts davon ist viel Wasser im Spiel, das sich bewegt, auf dem Papier schwimmt und auslaufen wĂŒrde, wenn das Papier angehoben wird.)
Das Problem mit dem sich wellenden Papier kannst du durch geleimte Blöcke und dickeres (schwereres) Papier eindÀmmen.
Willst du Wasserflecken vermeiden, oder kannst du deine Wassermengen und einen gleichmĂ€Ăigen Farbfilm noch nicht so gut kontrollieren und umsetzen, kann Baumwollpapier eine weitere Option sein. Es kann mehr verzeihen und dir hier mehr helfen. Es ist allerdings auch deutlich teurer.
Denke bitte daran, dass dies alles Empfehlungen sind, wenn du deinen Farbauftrag so viel wie möglich kontrollieren und gleichmĂ€Ăig möchtest. Es spricht absolut nichts dagegen, auch mal sehr viel Wasser zu verwenden, dein Papier nahezu unter Wasser zu setzten. Das Ergebnis ist dann eben mehr vom Zufall abhĂ€ngig, was auch mal schön und gewollt sein kann.
Wasserflecken? Ja, bitte!
Wenn du dagegen Wasserflecken in deinem Bild haben möchtest, solltest du darauf achten, FlĂ€chen mit ungleichmĂ€Ăiger Wasserverteilung zu erzeugen. Die FlĂ€chen mit mehr Wasser schieben dann mehr Pigmente zu den Seiten uns so entstehen dort dunkle RĂ€nder, weil sich dort mehr Pigmente sammeln. Am allerbesten klappen sie bei mir, wenn ich erste die FlĂ€che male (einigermaĂen gleichmĂ€Ăig) und dann an bestimmten Stellen klares Wasser reintupfe. Dort entstehen dann die WasserrĂ€nder. Gib dem Ganzen etwas Zeit und lieber erstmal weniger Wasser. Gut trocknen lassen und fertig!
(In eine gleichmĂ€Ăige Lasur Wasser reintupfen erzeugt Wasserflecken.)
Bei manchen Papieren habe ich die Erfahrung gemacht, dass noch intensivere BlumenkohlrĂ€nder entstehen, wenn du eine Grundierung verwendest. Das bedeutet, dass du mit der gleichen Farbe ĂŒber die gesamte gewĂŒnschte FlĂ€che eine erste Lasur auftrĂ€gst â möglichst gleichmĂ€Ăig. Diese lĂ€sst du trocknen und trĂ€gst dann eine zweite Lasur darĂŒber â ebenfalls ĂŒber die gesamte FlĂ€che. In diese kannst du dann Wassertropfen geben, um Wasserflecken zu erzeugen.
(Wasserflecken können auch in einer zweiten Lasur ergÀnzt werden und auf manchem Papier dadurch verstÀrkt wirken.)
AuĂerdem können Baumwollpapiere, die ja (zu Recht) als die hochwertigen Papiere im Aquarellbereich gelten, aus meiner bisherigen Erfahrung unterschiedliche Wassermengen besser verkraften. Das heiĂt, dass Wasserflecken in diesem Fall nicht so leicht entstehen bzw. nicht so schön werden đ (kommt auf die Perspektive drauf an). Es kann es also hilfreich sein, wenn du Wasserflecken möchtest, kein Baumwollpapier zu verwenden, oder andersrum.
Es kommt also â wie immer â darauf an, was DU möchtest!

Dieses Baumwollpapier hat unkontrollierten Farbauftrag im Streifen links besser verkraftet, als das Nicht-Baumwollpapier unten (dort haben sich RĂ€nder gebildet).
Im Quadrat oben siehst du jeweils einen Wasserfleck in der ersten Lasur und im Kreis daruntern ein Wasserfleck mit der zweiten Lasur. Auch hier verzeiht das Bauwollpapier in der ersten Lasur viel und die BlumekohlrÀnder bilden sich nicht so deutlich heraus.
Auf nicht-Baumwollpapier entstehen Wasserfelcken meist schneller (siehe unten).

Meiner Meinung nach ist Wasserflecken vermeiden und erzeugen jeweils eine Kunst fĂŒr sich :) Die eine ist nicht besser, wertvoller oder richtiger als die andere.
Kein Stress!
Puh, viel zu beachten? Aber eigentlich auch gar nicht so kompliziert, oder?
Probierâs doch mal aus und schreibâ mir gerne bei Fragen.
Kreative GrĂŒĂe!
Michelle